MONITOR-Bericht vom 04. 08. 2011 zu Brandstiftungen in Bergkamen Nach der Sendung bin ich in einigen Mails, Blog- und Gästebucheinträgen sowie Leserbriefen (allerdings immer nur von Nicht-Bergkamenern) als Rassist, Nazi, Ausländerfeind, Islamhasser u.ä. beschimpft und zum Rücktritt bzw. wenigsten zur öffentlichen Entschuldigung bei allen Muslimen aufgefordert worden. Angeregt wurde auch, mich aus der SPD auszuschließen.
Nun, die durch den Fernsehbeitrag ausgelöste
Empörung kann ich sehr gut verstehen.
Das Video und den Text des
Beitrags "MuslimFeinde in
Deutschland - Volksverhetzer im bürgerlichen Gewand" konnte man eine Zeitlang im Internet finden. Inzwischen ist der Film und der Begleittext komplett von der ARD gelöscht worden, vermutlich wegen der Manipulationen und Fehlinformationen des Films.
Der in dem TV-Beitrag durch kreative
Schnitttechnik vermittelte Eindruck, für mich seien Moscheen vergleichbar mit Müllcontainern und man müsste sich nicht darum kümmern, wenn
sie in Brand gesetzt werden, ist natürlich komplett Unsinn. Dies entspricht überhaupt
nicht meiner Auffassung und so einen Schwachsinn habe ich auch nie gesagt. Und Bergkamen ist auch kein Hort von Rechtsextremismus, eher im Gegenteil.
Meine Haltung zu Ausländern, dem Islam und Moscheen: Ich bin weder ausländer-,
noch islamfeindlich noch rassistisch noch rechtsdumpfbackig ignorant:
Eine Moschee ist für mich
genauso bedeutsam und schützenswert wie eine christliche Kirche, eine jüdische
Synagoge oder ein alevitisches Cem-Haus. Und gegenüber rechtsextremen und ausländerfeindlichen Tendenzen bin
ich höchst sensibel.
Rat und Verwaltung unserer
Stadt und ich als Bürgermeister (Monitor macht mich fälschlicherweise zum
Oberbürgermeister) bemühen sich seit vielen Jahren durch zahlreiche Initiativen
und Projekte intensiv und durchaus erfolgreich um Integration und ein
friedliches Zusammenleben aller Menschen in unserer Stadt.
Siehe z. B. => Westf. Rundschau v. 23.06.2009, => Westf. Rundschau v. 27.04.2010 und => Westf. Rundschau v. 21.05.2010.
Wenn Sie meine persönlichen
Gedanken zu Zuwanderern, zum Islam, zu Moscheebauten und zur Integration von - bei uns
überwiegend türkischstämmige, muslimische - Migranten in Bergkamen nachlesen
wollen, können Sie dies auf meiner Homepage tun:
=> www.buergermeister-bergkamen.de/integration.htm.
Als Teilnehmer am
Integrationsgipfel von Angela Merkel und als Teilnehmer der Deutschen Islam
Konferenz des Bundes-Innenministers setze ich mich seit längerem mit Fragen der
Integration und des Islam in Deutschland systematisch auseinander.
Als Bürgermeister habe ich
regelmäßig Kontakt mit den muslimischen Vertretern der drei Ditib-Vereine und
mit den Aleviten in unserer Stadt. Ich besuche auch deren Moscheen bzw. das
alevitischen Kulturzentrum immer einmal wieder. Übrigens mindestens so häufig, wie
ich Kontakt zu den verschiedenen christlichen Gemeinden und Kirchen in unserer
Stadt habe.
Zur Vorgeschichte des Monitor-Beitrags:
In der Nacht vom 22. auf den 23.
Juli 2011 gab es in Bergkamen in einem relativ kleinen Gebiet im Stadtzentrum
innerhalb kürzester Zeit eine ganze Serie von Brandstiftungen:
=> Westf. Rundschau v. 23.07.2011 und => Westf. Anzeiger v. 23.07.2011.
An fünf Stellen brannten
insgesamt 18 Abfallbehälter (Müllcontainer, Bio- und Papiertonnen) bzw. "Gelben Säcke" auf privaten Grundstücken und an den Außenwänden
von Privathäusern bzw. einer Tagesklinik des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe.
Dieser Brand in dem
Mehrfamilienhaus war dramatisch und hochgefährlich: 9 Bewohner mussten mit Verdacht auf
Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus. Nur durch den schnellen Einsatz unserer
städtischen Feuerwehr konnten die Menschen über Feuerwehrleitern aus dem Haus
gerettet und schwerere Verletzungen bzw. Todesfälle verhindert werden.
Später wurde noch
eine weitere Brandstelle in der Nachbarschaft entdeckt: ein Haufen von
Styroporabfällen war in einem offenen und für jedermann zugänglichen Rohbau in Brand gesetzt worden. Das Feuer war aber von selbst ausgegangen. Die Substanz des Baues wurde nicht beeinträchtigt, es gab lediglich eine nicht unerhebliche Verrußung des
Innenputzes im oberen Raumbereich. Sehr ärgerlich für den Eigentümer und als
Brandstiftung natürlich ein Verbrechen. Menschen waren hier aber nicht in
Gefahr gekommen.
Bei der Baustelle handelte es sich um den Rohbau einer Moschee, die der Islamischen Gemeinschaft „Milli Görüs“ (IGMG) gehört.
Zum Monitor-Beitrag selbst:
Der Bericht wurde am 29. Juli (also vor der zweiten Brandstiftung (siehe unten) und vor Ermittlung des mutmaßlichen Haupttäters)
gedreht und am 4. August 2011 (nach der Täter-Ermittlung und Verhaftung) ausgestrahlt.
Wer nicht nur den Textteil im
Internet gelesen, sondern die Originalsendung oder das Video gesehen hat, dem
wird vielleicht bei meinem gesendeten Zitat aufgefallen sein, dass es zwischen meinen
ersten drei Sätzen (zur Häufigkeit von Feuerwehreinsätzen) einerseits und dem
nachfolgenden Satz andererseits einen deutlichen Schnitt gibt:
Also nochmals: Das
"Das" in dem letzten zitierten Satz bezog sich nicht auf die Anzahl der Feuerwehreinsätze - was ja nun auch gar keinen Sinn ergeben würde - und auch nicht auf
"Moschee" sondern auf "Styroporabfallhaufen"!
Durch das Wegschneiden des ersten
Teils meines Satzes und des letzten
Teils sowie durch die An- und Abmoderation der Monitor-Redaktion mit Hinweis
auf "Gotteshaus" und "Moschee" entstand - vermutlich ja
völlig unbeabsichtigt - eine islam- und moscheefeindliche Aussage, die derart abwegig ist, dass sich jeder vernünftige Mensch darüber nur aufregen kann.
Das Monitor-Fernsehteam hat
offenkundig eine Bebilderung und sprachliche Hinterlegung gesucht, um eine
unterstellte wachsende Islamfeindschaft in Deutschland zu beweisen.
Zum Glück für mich hatten bei
dem Monitor-Gespräch auf der Moschee-Baustelle auch Redakteure aller in
Bergkamen erscheinenden Tageszeitungen zugehört, denen
an meinen Äußerungen - da vollständig und ungeschnitten - natürlich nichts Fremden-
oder Islamfeindliches auffallen konnte. Die Tageszeitungen haben neutral und
objektiv über das Monitor-Gespräch berichtet.
=> Westf. Anzeiger v. 29.07.2011 und => Westf. Rundschau v. 29.07.2011.
Nach der durch die Monitor-Sendung ausgelösten überregionalen Aufgeregtheit haben sich Bergkamener Bürger, die Ratsfraktionen und die politischen Parteien unserer Stadt auf meine Seite gestellt.
Was war und ist der Vorwurf von Milli Görüs gegen mich?
Nachdem die örtliche Milli Görüs-Gemeinde direkt nach der Brandnacht zunächst in einer Pressemitteilung lediglich darauf hin gewiesen hatte, dass neben den anderen Brandstiftungen auch in ihrer Baustelle ein Brand gelegt worden war ( => Westf. Anzeiger v. 25.07.2011), änderte sich wenige Tage später - auf Anweisung der übergeordneten Ebenen? - der Tonfall. Nun war plötzlich von einem "islamfeindlichen Brandanschlag auf eine Moschee" die Rede und mir als Bürgermeister wurde vorgeworfen, ich sei nicht sofort nach dem Brand zur Moschee-Baustelle geeilt, um mein Mitgefühl, mein Bedauern und meine Anteilnahme zu äußern und "den Schmerz zu teilen". Dieses Desinteresse nehme man mir übel (siehe o.g. Presseartikel vom 29.07.2011).
Ich habe den Vertretern der
Milli-Görüs-Gemeinde - bei denen ich 6 Tage nach dem Brand und vor der Verhaftung des
mutmaßlichen Haupttäters insgesamt dreimal gewesen bin - mehrfach zu vermitteln versucht, dass
die Brandstiftung in ihrem Gebäude ein Verbrechen ist und dass ich ihre
Verärgerung über die Brandlegung sehr gut verstehe und im Interesse aller
Menschen in Bergkamen hoffe, dass der Täter und das Tatmotiv bald ermittelt
wird. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass wir uns als Stadt in den
verschiedenen städtischen Gremien sehr intensiv mit der Brandstiftung
beschäftigen werden, sollte sich ein rechtsextremer, ausländerfeindlicher
Hintergrund der Tat herausstellen.
In der Woche nach der ersten Brandstiftungsserie ist - bis auf Milli Görüs selbst - niemand auf die Idee gekommen, es handele sich um einen gezielten fremden- oder islamfeindlichen Anschlag auf eine Moschee (siehe die o.g. Presseartikel vom 23.07.2011).
Zweite Serie von Brandstiftungen, Ermittlung der Täter, Gerichtsverfahren
Eine Woche nach der ersten
Brandstiftungsserie, in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli, gab es erneut
Brandlegungen im Bergkamener Zentrum. Im selben Mehrfamilienhaus wurde innen im
zweiten Stock die Wohnungstür eines (deutschen) Mieters in Brand gesetzt. Wie der vorherige Kellerbrand war auch diese Brandlegung hochgefährlich und wurde erst in letzter Minute entdeckt und gelöscht.
=> Westf. Anzeiger v. 01.08.2011 und => Westf. Rundschau v. 31.07.2011.
Kurz darauf gab die
Staatsanwaltschaft Dortmund die Ermittlung und Verhaftung der vermutlichen
Täter bekannt.
=> Westf. Rundschau v. 01.08.2011, => Westf. Anzeiger v. 01.08.2011 und => Westf. Anzeiger v. 02.08.2011.
Ebenso => Westf. Rundschau v. 18.08.2011.
Ein mutmaßlicher Mittäter war geständig und wurde wieder frei gelassen. Der mutmaßliche Haupttäter - ein 23jähriger Deutscher
aus rechtsextremem Umfeld (NPD-Mitgliedschaft) - saß bis zu seinem Prozess in Untersuchungshaft. Wie in der Zeitung zu lesen war, hat die
NPD ihn in der Zwischenzeit aus der Partei ausgeschlossen.
=> Westf. Rundschau v. 24.08.2011 und => Westf. Rundschau v. 02.09.2011.
Das Überraschende: Er war
selber Mieter in dem zweimal von Brandstiftung betroffenen Mehrfamilienhaus!
Wie von (deutschen) Mitbewohnern zu hören war, hatte es seit seinem Einzug vor
einigen Monaten (im Mai 2011) immer einmal wieder Streit mit ihm gegeben.
Ob das Ziel des Hauptverdächtigen
vielleicht „nur“ ein privater Racheakt an einigen seiner Mitbewohner war und
die restlichen Brandstiftungen außerhalb des Hauses lediglich Ablenkungsmanöver,
Nach Zeitungsberichten vom 25. Oktober 2011 hat die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen die beiden mutmaßlichen Täter - die zwar die Taten zugeben, aber den jeweils anderen als Haupttäter bezeichnen - Anklage wegen schwerer Brandstiftung, Brandstiftung und Sachbeschädigung in mehreren Fällen erhoben, siehe z. B. => Westf. Anzeiger v. 25.10.2011.
Am 29. Mai 2012 hat die die 44. Strafkammer des Landgerichts Dortmund den - wegen anderer Delikte vorbestraften - Haupttäter wegen schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung (die Wohnhausbrände) sowie wegen Brandstiftung und Sachbeschädigung (die übrigen Taten) zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Der zweite Täter erhielt als Mitläufer eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Das Gericht attestierte den beiden Tätern eine ausgeprägte Ausländerfeindlichkeit => WAZ v. 29.09.2012 .
Rechtsextreme Szene in Bergkamen?
Nach der Sommerpause 2011
haben der Verwaltungsvorstand, die städtische "Infostelle Rechtsextremismus" und das Integrationsbüro sowie die politischen Gremien der Stadt begonnen,
sich mit der Frage zu befassen, ob es in Bergkamen eine – bislang für alle
politisch Verantwortlichen und auch für die Lokalpresse unbekannte – aktive organisierte rechtsextreme Szene gibt und wie man damit gegebenenfalls politisch umzugehen hat.
Nach den der Stadt Bergkamen vorliegenden Informationen gibt es in unserer Stadt weniger als 10 Personen, die man der aktiven rechtsextremen Szene zuordnen kann.
Siehe dazu z.B. => Westf. Rundschau v. 20.10.2011 sowie => Westf. Anzeiger v. 20.10.2011.
Weiteres politisches Verfahren in Bergkamen
Der Integrationsrat der Stadt
hat sich am 28. 09. mit den Brandstiftungen beschäftigen.
=> Westf. Rundschau v. 28.09.2011 und => Westf. Anzeiger v. 30.09.2011.
Nun ja, wie Herbert Wehner einmal sagte: "Wer hinaus läuft, muss auch irgendwann wieder herein kommen."
Der städtische „Bergkamener Arbeitskreis gegen Rechts“ hat am 18. 10. 2011 getagt. Eine Auflistung der
städtischen Initiativen und Institutionen in Bergkamen für Integration und
friedliches Zusammenleben findet sich hier auf meiner Homepage im Abschnitt
„Integration in Bergkamen“:
=> www.buergermeister-bergkamen.de/integration.htm.
In der Vergangenheit haben
wir von Seiten der Stadt zudem immer einmal wieder Aktionen gestartet oder uns
daran beteiligt, um die Bevölkerung gegenüber rechtsextremen und ausländerfeindlichen
Gedanken zu sensibilisieren: „Bergkamen – Bunt statt Braun“, „Bergkamen – hat keinen
Platz für Rechtsextremismus“ u.a.
Siehe z. B. => Westf. Rundschau v. 23.06.2009, => Westf. Rundschau v. 27.04.2010 und => Westf. Rundschau v. 21.05.2010.
Bislang waren jedenfalls die städtischen
Anstrengungen auch von Erfolg begleitet. Abgesehen von gelegentlichen
rechtsradikalen Schmierereien im öffentlichen Raum – deutlich weniger als in
anderen Städten – gab es bei uns bisher keine tätlichen Übergriffe gegen Migranten,
türkische Geschäfte oder Moscheen. Bei allen Wahlen haben rechte Parteien bis
heute keine Chance in unserer Stadt gehabt.
Das soll auch so bleiben!
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